Großereignis auf dem Bremer Marktplatz am 10. August 2018

 

Junge Menschen studieren Soziale Arbeit an der Hochschule. Wir begleiten drei von ihnen in ihrem Praxissemester und bekommen Einblicke in die Drogen- und Jugendhilfe. Außerdem sind wir mit einem Sozialarbeiter auf der Straße unterwegs.


Rede der langjährig in unserem Bündnis engagierten Cornelia Barth am 10.08.2018 auf dem Bremer Marktplatz.

 


Soziale Arbeit - der "Kitt dieser Gesellschaft" ?

Von Bremer Regierungsseite, Bürgermeister Carsten Sieling in einem Pressestatement und Sozialsenatorin Anja Stahmann in einem Videointerview, wurde in Grußbotschaften an die "Nacht der Sozialen Arbeit" am 10. August 2018 betont, dass Soziale Arbeit ihrer Auffassung nach so wichtig sei, weil sie der "Kitt dieser Gesellschaft" sei. Die lokale Presse hat diese Losung gleich in fette Schlagzeilen verwandelt. Klaus Möhle, Vorsitzender des SoVD-Kreisverbands Bremen und Vorsitzender der Sozialdeputation, ergänzte in seinem Grußwort: „Soziale Arbeit ist ein probates Mittel gegen die Spaltung und den unerträglichen Rechtsruck in unserer Gesellschaft, die sich immer mehr auseinander entwickelt.“

 

Das ist eine trügerische Be"Wertung" all derer, die in diesem Beruf um Anerkennung und Aufwertung streiten, denn: dass Menschen in Not geholfen werden muss, jetzt und hier, aus einer solidarischen,  humanistisch-ethischen, oder auch christlichen Grundhaltung heraus, ist im Sozialarbeits-Beruf selbstverständlich und muss nicht näher erläutert werden. - Sieling, Stahmann und Möhle befinden sie sich dabei aber in trauter Gemeinsamkeit mit einem eher konservativen  Fürsorgemodell, wie es z.B. von G. Bäumer und H. Scherpner vertreten wurde und heute in abgewandelter Form weiter verbreitet wird.

 

Was veranlasst Regierungspolitiker*innen, diese zutiefst ungerechte Gesellschaft,

  • geprägt von sich vertiefenden Klassengegensätzen, einem wachsenden Niedriglohnsektor, wachsender (Kinder)Armut, dem Abbau von bezahlbaren Sozialwohnungen als Folge der Überlassung der Wohnungswirtschaft an profitorientierte Konzerne und der wachsenden Zahl der am Rande der Erschöpfung lebenden Alleinerziehenden ....
  • bei gleichzeitiger Reichtumsanhäufung bei einer winzigen parasitären Minderheit (weniger als 1%), von Superreichen, deren spekulative Finanzakrobatik auf Kosten des Gemeinwesens eine gefährliche Krise nach der anderen produziert,

"kitten" zu wollen ?

 

Nun: Sie verwalten im Rahmen Sozialabbau betreibender Schuldenbremsen als Regierende diese wachsende Armut, die sich vertiefende Spaltung für die Mehrheit und Bereicherung einiger Weniger und der Folgen des Ganzen: Finanz- und Wirtschaftskrisen, Zerstörung der natürlichen Ressourcen,  Erschöpfung der sorgenden und solidarischen Reproduktionspotentiale der Menschen, insbesondere der Frauen. Der soziale Konsens erodiert ja spürbar angesichts dieser - die Interessen der Mehrheit ignorierenden - Entwicklungen. Verwaltende Politiker*innen spüren diese Erosion und die Profession Soziale Arbeit war historisch betrachtet schon immer leichtfertig bereit, sich auf diesen "Job" reduzieren zu lassen und die sozioökonomische Verursachung der Armut auszublenden. Sozialarbeitende können „die schlimmsten Wunden verbinden, die die Gesellschaft schlägt, aber nicht ihr Schlagen verhindern.“ (vgl. Frigga Haug 2012)

 

Sozialarbeiter*innen sind oftmals gefangen in der Tradition weiblicher und kirchlicher Fürsorge und demutsvoller Aufopferung verbunden mit miserabler Bezahlung und Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit ruinieren. Kritische Sozialarbeiter*innen verweigern sich dieser reduzierenden Funktionszuschreibung. Sie eint die Vision einer gerechten Welt (so das Positionspapier unseres Bündnis´) mit positiven Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Menschen, mit einer kinder- und familienfreundlichen Umwelt, wo die kreative Entfaltung kleiner Menschen, junger Menschen, Eltern, alter Menschen und ihrer Familien, im Geiste eines respektvollen und friedlichen Miteinanders in einem demokratischen Gemeinwesen gefördert wird.

 

Die dafür erstrebenswerte Gesellschaft und Wirtschaftsform, in der es auch Soziale Arbeit als solidarische Unterstützung geben wird, ist eine völlig andere, als die zur Zeit (noch) mühsam zusammen gekittete. Engagierte (unangepasste) Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagogen*innen sind also aufgefordert, nicht der Kitt der Jetzigen, sondern die Transformatoren für eine gerechte Gesellschaft zu sein, in zivilem Ungehorsam gegenüber zugewiesenen Unerträglichkeiten und aktivierenden, kontrollierenden bis hin zu repressiven Tendenzen gegenüber den Adressaten*innen der Sozialen Arbeit.

 

Es gibt viele verschiedene Traditionen und Theoriegebäude in der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik. Es wäre spannend von Sieling und Stahmann selbst zu erfahren, warum sie sich gerade für eine konservative Tradition entschieden haben und emanzipatorische Ansätze, die in den 1970-80er Jahren noch mehrheitsfähig waren, offensichtlich gar nicht mehr zu kennen scheinen.

 

Die Affinität solch konservativer Sozialarbeitskonzepte mit neoliberaler Ideologie hat sich tief in sozialdemokratische und grüne Parteispitzen eingegraben. Mit der Verabschiedung von Hartz II, III und IV durch SPD und Grüne 2003 wurde ein von der Arbeiterbewegung erkämpfter Versicherungsanspruch (Arbeitslosengeld und -hilfe) herabgestuft in ein Elendsalmosen für ganze Familien ("Bedarfsgemeinschaften"), das makabrerweise auch noch an Selbstaktivierungsanstrengungen (Arbeitslosigkeit soll selbstverschuldet sein ?!) geknüpft wurde, mit Sanktionen bewehrt für alle, die nicht spuren. "From welfare to workfare", das war das "progressive" Programm des US-"Demokraten" Clinton, von Blair, Schröder, Fischer und Macron für brutale Lohnsenkungspolitik und Sozialstaatsabbau europäisiert.


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Presse zu der Nacht der sozialen Arbeit
Nacht der Sozialen Arbeit am 10.08.2018.
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Presse zu der Nacht der sozialen Arbeit
Erste Nacht der Sozialen Arbeit am 10.8.
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Aktionsbündnis "Menschenrecht auf Wohnen" auf der NDSA

Ab 17 Uhr startet unser Beitrag. Er dauert 10 Minuten (bis zu einer halben Stunde, falls er Debatte auslöst. Wenn es gefällt, kann er ggf. um 19 Uhr noch mal wiederholt werden. Wir nutzen den Marktplatz und ggf. für Ansprache und Debatte die Bühne plus Micro.Wir wollen über die Wohnungsnot in Bremen aufklären - und sie „skandalisieren“.

Wir wollen informieren über die Arbeit des Bremer Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen und seine Forderungen. Das Ganze ggf. begleitet mit Musik zum Thema oder gar Live-Rap. Und wir wollen einen Anstoß geben, über die Rolle und Möglichkeiten der Sozialen Arbeit im Zusammenhang mit Wohnen kritisch nachzudenken. Wir werden informieren und diskutieren über die Wohnungslosenhilfe und die Arbeit von Streetworker*innen - und dass wir davon viel mehr brauchen. Das Ganze kritisch unter der Fragestellung: Wie politisch muss Soziale Arbeit sein, um Not zu verhindern bzw. bzw. zu beseitigen oder zumindest zu lindern?

Diese Inhalte verbinden wir mit einer Schlafsack-Aktion auf dem Marktplatz. Denn ein Schlafsack ist keine Wohnung! An der Aktion können sich gerne viele beteiligen. Wir werden Flyer verteilen und werden über das Micro aufklären und erläutern und ggf. auch ein 10 minütiges Statement abgeben – und stellen uns dann der Diskussion, die wir ggf. auch selbst moderieren. Diese Aktion kann ergänzt werden mit einer kritischen Reflektion Sozialer Arbeit unter den Bedingungen des Neoliberalismus.

Ggf. werden Studierende des 6. Semesters sich z. B. auseinandersetzen mit „Vertreibung“ vom Bahnhofsplatz.

(Auszug aus dem Blog von www.barloschky.de | Joachim Barloschky)

Nacht der Sozialen Arbeit – eine Vision

 

Die Profession Soziale Arbeit leistet einen wertvollen Beitrag für ein menschenwürdiges und gerechtes Leben und Aufwachsen der Menschen. Die Akteure zeigen in ihrer täglichen Arbeit einen hohen Anspruch in der Zusammenarbeit mit ihren Adressat_innen und fördern durch fachliches Handeln deren Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit.

 

Das Bremer Bündnis Soziale Arbeit möchte den bedeutsamen Beitrag der Sozialen Arbeit mit der „Nacht der Sozialen Arbeit“ würdigen und feiern!

 

Das Bremer Bündnis ist ein selbstorganisierter Zusammenschluss von Interessensvertretungen,
Gewerkschaften, Arbeitskreisen, Hochschule, freien Trägern und Einzelpersonen in der Sozialen Arbeit Bremens. Das Bündnis hat es sich zur Aufgabe gemacht, die unterschiedlichen Akteure der Profession Soziale Arbeit im Lande Bremen zusammenzubringen und ein Sprachrohr für die Anliegen der Sozialen Arbeit zu sein. Es ist ein gemeinsames Anliegen die Bedingungen der Sozialen Arbeit in den Blick zu nehmen, zu verbessern und zu entwickeln.

 

Wir wollen mit der „Nacht der Sozialen Arbeit“ ein Forum schaffen, um die Vielfalt unserer Profession für alle sichtbar zu machen. Wir möchten zusammen mit unterschiedlichen Akteuren zeigen wie verwoben Soziale Arbeit mit Leben und Gesellschaft ist. In diesem Sinne möchten wir eine Auseinandersetzung über die Bedingungen eines würdevollen und gerechten Zusammenlebens führen.

 

Die Nacht der Sozialen Arbeit soll eine Großveranstaltung im öffentlichen Raum werden und ist für das Jahr 2018 geplant. Es soll eine Veranstaltung in den Nachmittags- und Abendstunden unter freiem Himmel sein, darum wird ein Sommermonat favorisiert. Als Abschluss des Tages ist eine Solidaritätsparty, für noch einen zu bestimmenden Zweck geplant.

 

Anliegen: Wir wollen ein Forum schaffen in dem wir die Profession Soziale Arbeit mit all ihren Facetten präsentieren können. Wir wollen gemeinsam Stellung beziehen zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und den Wert Sozialer Arbeit zeigen.

 

Ideen zum Wie: Es sollen unterschiedliche Settings (auch gleichzeitig) stattfinden. Wir möchten ein breites Angebot an Eindrücken und Möglichkeiten der Auseinandersetzung schaffen. Hierfür möchten wir unterschiedliche Wege der Präsentation ermöglichen. Wir denken z.B. an Podiumsdiskussionen, Lesungen, Theater, Rollenspiele, Infostände, Vorträge, Musik usw.

 

Ideen zum Was: Die Nacht der Sozialen Arbeit soll nicht in Konkurrenz zu bereits etablierten
Veranstaltungen (z.B. Praxismesse oder Tage der offenen Tür) treten. Wir möchten das Programm inhaltlich an Themen ausrichten und nicht nach einzelnen Kooperationspartner_innen und damit eine reine Trägerselbstdarstellung vermeiden. Wir möchten mit vielen Kooperationspartner_innen aus der Sozialen Arbeit Bremens aktuelle Themen der Sozialen Arbeit präsentieren!

 

Wie können Sie/ könnt ihr mitmachen: Die Möglichkeiten einer Beteiligung an der Veranstaltung sind vielfältig und richten sich nach den jeweiligen Ressourcen der Kooperationspartner_innen. Wir wünschen uns allerdings eine aktive Rolle in der Vorbereitung der eigenen Beiträge. Sie/ihr können/könnt z.B. eine szenische Darstellung der praktischen Arbeit, oder einen musikalischen oder literarischen Beitrag entwickeln, oder sich an einer Podiumsdiskussion beteiligen.
Die Gesamtorganisation und Koordination wird durch das Bremer Bündnis getragen.
Wenn Interesse besteht an diesem spannenden Projekt mitzuwirken, melden Sie/ meldet ihr sich/euch gerne per Mail unter: nachtsozialearbeit@bremen.de